Deutschland wird Austragung verwehrt: Frauen-WM 2027 findet in Brasilien statt

SID
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Deutschland bleibt die Austragung der Frauen-WM 2027 verwehrt. Die Entscheidung fiel beim FIFA-Kongress, der von den Diskussionen über den Nahost-Konflikt bestimmt wurde.

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Als der große Traum von der Heim-WM geplatzt war, rangen sich Bernd Neuendorf und Nia Künzer ein gezwungenes Lächeln ab. Das Führungsduo des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) applaudierte nach der schmerzhaften Abfuhr zwar fair, der Frust nach der verhängnisvollen, aber erwartbaren Entscheidung zugunsten Brasiliens als Gastgeber der Frauen-WM 2027 war dennoch riesig.

"Gratulation an Brasilien. Fußball ist ein Wettbewerb, dem wir uns immer wieder stellen. Dazu gehört, dass man nicht immer als Sieger vom Platz geht", sagte DFB-Generalsekretärin Heike Ullrich: "Aber natürlich sind wir nun enttäuscht." Man werde dennoch "in Deutschland und Europa weiter alles dafür tun, um das Potenzial und die Begeisterung im Mädchen- und Frauenfußball aktiv weiter zu nutzen".

Trotz eines beherzten Endspurts blieb Deutschland und seinen Partnern Belgien und Niederlande der Zuschlag für das Turnier in drei Jahren verwehrt. Die Mitgliedsländer des Weltverbandes FIFA votierten beim Kongress in Thailands Hauptstadt Bangkok am Freitag deutlich mit 119:78 Stimmen für den einzig verbliebenen Konkurrenten. Erstmals findet damit eine Frauen-WM in Südamerika statt.

Dennoch sei Deutschland "eine Frauen-Sportnation", sagte die für den Sport zuständige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auf SID-Anfrage: "Die Bundesregierung wird die Gleichstellung im Sport weiter vorantreiben. Wir werden uns weiter gezielt dafür einsetzen, Topevents des Sports der Frauen in Deutschland auszutragen."

Für den DFB, der sich unter dem Motto "Breaking New Ground" beworben hatte, könnte sich die Chance auf eine Heim-WM aber für viele Jahre erledigt haben. FIFA-Präsident Gianni Infantino pflegt vor dem anstehenden Männerturnier immer engere Kontakte in die USA, die nach dem Rückzug für 2027 als Kandidat für die Frauen-WM 2031 gelten. Die nächste Chance für den DFB ergibt sich womöglich erst 2035. Eine weitere Möglichkeit könnte eine Bewerbung um die EM 2029 sein.

DFB-Chef Neuendorf und Sportdirektorin Künzer hatten in den vergangenen Tagen noch einmal ordentlich die Werbetrommel gerührt, die Bemühungen der deutschen Delegation liefen jedoch ins Leere. Der DFB war mit seinen Partnern vor allem aufgrund des Evaluierungsberichts der FIFA als Außenseiter in die Abstimmung gegangen.

Brasilien erhielt 4,0 von 5 möglichen Punkten, die Europäer kamen lediglich auf 3,7. Der Hintergrund der Benotung scheint klar: Der Weltverband zielt wieder einmal auf maximale Erlöse ab. Schon in der Vergangenheit war es der FIFA ein Dorn im Auge, wenn sie ihre Forderungen im Hinblick auf staatliche Unterstützung und Steuererleichterungen nicht wie gewünscht durchsetzen konnte.

Große Teile der Infrastruktur sind in Brasilien durch vorangegangene Sportveranstaltungen noch vorhanden. Das Land hatte 2014 die Männer-WM ausgerichtet, zudem fanden zwei Jahre später die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro statt. Brasiliens Verbandschef Ednaldo Rodrigues sprach nach dem euphorischen Jubel von einem "Sieg für den Frauenfußball", Infantino versprach einmal mehr "die beste WM aller Zeiten" - bestimmt wurde der Kongress jedoch auch von den emotionalen Diskussionen über den Nahost-Konflikt.

Der palästinensische Verbandschef warf Israel in seiner Rede erneut "schwere Menschenrechtsverletzungen" und einen "Völkermord in Gaza" vor und forderte eine sofortige Abstimmung über eine mögliche Suspendierung des israelischen Verbandes. Sein Amtskollege Shino Moshe Zuares bezeichnete das Vorhaben dagegen als "zynischen Versuch, dem israelischen Fußball zu schaden". Er erinnerte an den verheerenden Anschlag der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023.

Nach mehreren Wortmeldungen beendete Infantino die Debatte. Der Kongress sei nicht zuständig, erklärte der Schweizer. Eine "angemessene Entscheidung" soll im Council, dem auch Neuendorf angehört, nach der Untersuchung einer unabhängigen Expertengruppe vor dem 20. Juli getroffen werden.

Fakten schuf der Weltverband dagegen bei einer Reihe an umstrittenen Satzungsänderungen. Der Kongress beschloss mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit Reformen, die unter anderem die Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2030 an sechs Länder auf drei Kontinenten und 2034 an Saudi-Arabien am 11. Dezember auf einem virtuellen Kongress ermöglicht. Kritiker sehen in diesem Vorgehen eine Abkehr von den Reformen aus dem Jahr 2016, die infolge mehrerer FIFA-Skandale eingeführt worden waren.